Comino – Ein Tag, an dem die kleine maltesische Insel mir gehörte
Heute berichte ich euch über meine Rundwanderung auf Maltas kleinster bewohnter Insel: Comino im Februar 2016.
Die Malteser wandern gern. Das ist sicher einer der Gründe, warum ich mich, als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal dort ankam, sofort in das kleine Land verliebte.
Ich hatte mich nie mit Malta befasst, bis ich auf Facebook eine Reise gewann, und wenige Tage nachdem ich den Gutschein in der Post fand, schon im Flieger sass. Gleich auf dem Hinflug hatte ich mich mit meiner Sitznachbarin, einer Maltesterin, angefreundet. Sie holte mich an meinem ersten Morgen in Malta im Hotel ab und nahm mich mit zu einer wunderschönen Gruppenwanderung.
Es gibt auf Malta einige Wandergruppen, die so wie meine funktionieren: spontan, selbstorganisiert, unkompliziert. Aber die Wanderung, die ich euch heute vorstelle, habe ich alleine gemacht. Im wahrsten Sinne des Wortes: Ich habe niemanden getroffen unterwegs, Comino hat an diesem Tag mir gehört. Nur an der Blue Lagoon hatten sich an dem herrlichen Februartag schon ein paar Leute zum Schwimmen im glasklaren, türkisfarbenen Wasser eingefunden.
Ich kletterte in Sliema auf das leicht schwankende Ausflugsboot, das eine bunt gemischte Truppe an diesem windigen Tag nach Gozo bringen, und mich dann auf Comino absetzen sollte. Da war ein Geschwisterpaar aus Libyen, er in Boxershorts und Flip-Flop, sie verschleiert, daneben eine bildschöne, leicht bekleidete brasilianische Sprachschülerin mit ihren zwei schüchtern wirkenden koreanischen Kolleginnen und ausserdem ein pensionierter Farmer aus Kanada, ein älteres englisches Paar, das sich unentwegt stritt und ein junges deutsches Paar, dass es auch nicht so gut hatte, aber aus anderem Grund: Er war seekrank. Englisch, Kauderwelsch und Zeichensprache genügten, um schnell miteinander bekannt zu werden. Vor allem der Farmer erzählte mir in allen Einzelheiten seine total spannende Lebensgeschichte. Viel zu schnell kam Gozo in Sicht.
Nachdem alle im Hafen Mgarr ausgestiegen waren, fuhr das Boot extra für mich nach Comino. Was war das aber auch für ein Tag. Auch für die Malteser war es ungewöhnlich, solch tolles Wetter im Februar zu haben.
Der Wind blies kräftig, wie man glaube ich gut in meinem Video erkennen kann, so fühlten sich die Temperaturen niedriger an, als sie wahrscheinlich waren. Traumwanderwetter!
Das ist Comino:
Die winzige Schwesterinsel von Malta hat 4 ständige Einwohner. Einen Bauernhof. Ein Hotel. Eine Bungalowanlage. Einen Campingplatz. Einige Zeugnisse der reichen Geschichte Maltas. Einen kleinen, alten Friedhof. Eine Polizeistation. Und ganz viel Natur! Nur 2000 x 1700 m gross ist das Inselchen und man kann es in etwa 2 ½ Stunden umwandern … sofern man sich nicht verläuft und nicht zu viel Zeit mit Schauen, Staunen und Geniessen vertrödelt. Kann man sich auf Comino überhaupt verlaufen? Doch, man kann! Ich jedenfalls. Verlorengehen ist aber unmöglich, jedoch vom Weg abkommen, das geht.
Der Wanderweg startet oberhalb der Blauen Lagune. Der Boden erinnert an die Bergwelt jenseits der Baumgrenze. Ich war froh, meine Wanderschuhe zu tragen, denn es gibt ziemlich viele Disteln. Das sind aber längst nicht alle Pflanzen, die sich auf Comino wohlfühlen. Unter Maltas Sonne gedeihen Agaven, verschiedene Sträucher, Kapern, einzelne kleine Aleppokiefern und jede Menge Heilpflanzen. Pflücken ist strengstens verboten! Comino duftet nach Thymian und Meer. Es war übrigens eine Pflanze, die der wundervollen kleinen Insel ihren Namen gab: der Kümmel, auf Maltesisch Kemmuna.
Dazu gibt es eine Geschichte:
Im Mittelalter war Comino ein bevorzugtes Ziel von Piraten. Eignete es sich doch als perfekter Standort, um auf den beiden in Sichtnähe gelegenen Schwesterinseln Malta und Gozo auf Beutezug zu gehen. Etwa zur gleichen Zeit verbannte man Schwerbrecher, die Kümmel anbauen mussten, nach Comino. Und bis heute wächst das Gewürz hier in rauen Mengen.
Was man vergeblich sucht, sind Schatten spendende Bäume. Der Strohhut, den ich mir in Sliema noch schnell gekauft hatte, bevor das Boot ablegte, nütze herzlich wenig: Der Wind bliess mir das Ding schon nach wenigen Minuten vom Kopf. Ich flog jedenfalls am kommenden Tag mit einer sehr gesunden Farbe im Gesicht zurück in den Schweizer Winter …
Der erste Abschnitt der Wanderung führt an den Klippen entlang und bietet unvergessliche Tief- und Weitblicke. Steil hinunter auf Felshöhlen und Buchten und weit übers Meer: je nach Himmelsrichtung zu den anderen maltesischen Inseln oder bis zum Horizont. Neben spektakulären Felsformationen fällt ein noch viel winzigeres Inselchen auf: Cominotto.
Bald kommt der aus dem Jahre 1618 stammende und von den Johannitern erbaute Wachturm ins Blickfeld. Da wollte ich eigentlich hinauf, aber der Zugang war gesperrt. Möglicherweise wegen des starken Windes?
Die ganz in der Nähe gelegene ehemalige Quarantänestation bot einige tolle Fotomotive. Was heute in den Räumen ist, weiss ich leider nicht.
Besonders spannend fand ich die Santa Marija Battery mit ihren vier Kanonen, eine ebenfalls vom Johanniterorden stammende Befestigungsanlage aus dem frühen 18. Jahrhundert. Hier zu sitzen, nur in Gesellschaft einer neugierigen und ziemlich zutraulichen kleinen Eidechse, aufs Meer zu schauen, die Sonne im Gesicht, den Wind in den Haaren und den Duft der Insel in der Nase: Das war Ferienglück pur! Lange blieb ich trotzdem nicht, denn eigentlich war ich ja zum Wandern nach Comino gekommen.
Irgendwo bin ich dann wenig später offensichtlich falsch abgebogen und kam vom eigentlichen Wanderweg ab. Dafür fand ich mich auf einem gepflegten Grundstück – tatsächlich auch mit einigen Bäumen – sowie Feldern und sogar einem kleinen See wieder. Als ich es verliess, las ich einen mir aus der Schweiz bestens bekannten Hinweis: Privatgrundstück, betreten verboten war auf Englisch zu lesen. Auf der Seite, auf der ich den Besitz des Bauern betrat, war aber nichts angeschrieben, sonst wäre ich da nie durchgelaufen. Dann hätte ich aber auch etwas Wunderschönes verpasst.
Beim kleinen Friedhof stand ich dagegen vor verschlossenem Tor. Gerne hätte ich gelesen, was auf den alten Grabsteinen steht. Die Zeit reichte noch, sich auf die Stufen zu setzen und die letzten Momente absoluter Ruhe und Natur pur zu geniessen. Über mir zog ein Airbus der Air Malta im Steigflug vorbei. Wehmütig wurde mir bewusst, dass ich selber mich auch schon bald wieder mit Blick von oben von den maltesischen Inseln würde verabschieden müssen. Für den Moment allerdings hiess es erstmals, bald schon Comino zu verlassen.
Blue Lagoon Comino – die Blaue Lagune
Ich musste zurück in Richtung Blaue Lagune, das Ausflugsboot lag schon im Minihafen. Noch einmal genoss ich den Blick über die gewaltigen Felsformationen und versprach ihnen und mir: Ich komme wieder! Im glasklaren, türkisfarbenen Wasser der berühmten Blauen Lagune waren die Sprachschülerinnen am Baden. Im winzigen Bikini die eine, im Burkini die andere … Das ist Malta. Leben und leben lassen!
Unweit des Bootes traf ich dann auch den kanadischen Rentner wieder, der mich begrüsste wie eine lange nicht gesehene Freundin. Mir war es recht, denn ich war schon neugierig auf die Fortsetzung seiner ungewöhnlichen Lebensgeschichte. 20 Minuten später waren alle wieder an Bord versammelt, der Wind hatte nochmals zugelegt und so schaukelten wir zurück nach Sliema. Unterwegs rieten wir alle gegenseitig noch unsere Berufe und es gab viel zu lachen und zu staunen. Die brasilianische Schönheit unterrichtet irgendwas Technisches an der Uni, das total verstrittene Paar besitzt ein gemeinsames Geschäft – oder besass, wer weiss … – die Koreanerinnen machen irgendwas im Marketing und mein seekranker Landsmann und seine Partnerin haben sich bei der Arbeit in einem österreichischen Hotel kennengelernt. Das libysche Geschwisterpaar hatte wohlhabende Eltern. Wir tauschten alle noch die Mailadressen um in Kontakt zu bleiben und Fotos zu tauschen.
Malta – auch die Menschen machen das Land zu (m)einem Lieblingsreiseziel
Auch das schätze ich so an Malta: Es ist das perfekte Reiseziel für wirklich jeden. Ob Single, Paar, Familie … man findet überall schnell und unkompliziert Anschluss und lernt total verschiedene, interessante Menschen kennen. Jedoch habe ich nie erlebt, dass jemand aufdringlich gewesen wäre. Auch zu den Maltesern selbst bekommt man leicht Kontakt und so manche Freundschaft hält über den Urlaub hinaus.
Das solltest du vor einem Aufenthalt auf Comino wissen:
- Wandern, Baden und Schwimmen sind noch längst nicht alle Sportmöglichkeiten auf der Insel. Auch Windsurfen, Tauchen, Segeln, Wasserski oder mit Kajaks die felsigen Grotten zu erkunden ist sehr beliebt.
- Wie erwähnt, gibt es auf Comino auch einen Polizeiposten. Zwei Polizisten für vier Einwohner? Keine Sorge, Kriminalität im üblichen Sinne gibt es auf Comino nicht. Die Beamten schauen darauf, dass Vorschriften eingehalten werden. Dazu zählen Ankerbestimmungen, das Verbot historische Fundstücke zu beschädigen oder gar einzupacken, Pflanzen abzupflücken oder Abfall wild zu entsorgen sowie das Jagdschutzgesetz.
- Für Wanderungen sind Trittsicherheit, Wanderschuhe, ein guter Sonnenschutz sowie ausreichend Trinkwasser dringend notwendig!
- Es gibt ein Hotel und einen Campingplatz, beides habe ich durch meine ungeplante Abkürzung aber nicht gesehen.
Comino ist nicht nur für Sportler ein Paradies, sondern auch für Naturfreunde: Vieles, an was man sich auf dieser Insel erfreuen kann, wurde nicht von Menschenhand geschaffen. Die Farben, die Felsen, der Duft der Kräuter … fahrt hin und seht, spürt, erlebt es selber!
Malta – Ferien in einem sicheren, lebensfrohen Land mit ganz viel Sonnenschein, tollen Menschen und einer faszinierenden Geschichte
Natürlich reist niemand ausschliesslich um einen Tag auf Comino zu verbringen nach Malta. Ich erzähle euch in einem späteren Beitrag mal noch mehr, was das Land besonders für Natur- und Wanderfreunde zu bieten hat. Ich habe ausserdem grosses Interesse an Archäologie, Geschichte und Architektur und das in Verbindung mit den vielen herrlichen Wanderwegen auf allen drei Inseln (Malta, Gozo und Comino) sind Gründe genug, so oft wie möglich ein paar Tage in dem kleinen Land mitten im Mittelmeer zu verbringen!
Sehr lebhafter und interessanter Bericht. Was noch interessant wäre, wie ein ganzer Urlaub auf der Insel ausehen täte? Hast du Empfehlungen dazu? Wir suchen zur zeit was für ein paar Tage Urlaub in Ruhe und Abgeschiedenheit aber am Meer. Das Inselchen klingt nach einer guten Idee!
Hallo Daniel, Ruhe und Abgeschiedenheit findest du im Sommer auf Malta definitiv nicht. Wenn du bis Ende September/Anfang Oktober warten kannst, dann mach Urlaub auf Gozo! Ich schreibe da auch mal noch was drüber.
LG Sabine